Das Museum Tinguely, direkt am Rhein errichtet vom Tessiner Architekten Mario Botta, beherbergt die grösste Werksammlung von Jean Tinguely (1925–1991), einem der innovativsten und wichtigsten Schweizer Künstler des 20. Jahrhunderts.
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Die permanente Ausstellung zeigt einen vier Jahrzehnte umfassenden Überblick seines Schaffens. Regelmässig finden Sonderausstellungen statt, die ausgehend von Tinguelys Ideen ein weites Spektrum von Künstlern und Themen vorstellen: Dabei werden Vorbilder wie Marcel Duchamp und Kurt Schwitters, Zeitgenossen wie Arman, Niki de Saint Phalle, Yves Klein genauso wie aktuelle Tendenzen präsentiert.
Die Gründung des Museums
Mit dem hundertjährigen Firmenjubiläum von Roche ist der äussere Anlass genannt, der zur Gründung des Museums geführt hat. Von der ersten konkreten Idee, ein Museum an diesem Ort zu bauen, bis zur Eröffnung des Museums vergingen rekordverdächtig kurze drei Jahre, was nur dank des Direktauftrags an den erfahrenen Architekten Mario Botta und dank des guten Zusammenspiels aller Beteiligten möglich war.
Tinguely starb am 30. August 1991. Sein Andenken war aber bei Paul Sacher, dem grossen Musikmäzen und Verwaltungsratspräsidenten von Roche, dessen kunstaffine Gattin Maja Sacher bereits 1989 verstorben war, und der Geschäftsleitung mit Fritz Gerber sehr präsent. Sie waren schon zu seinen Lebzeiten grosse Förderer von Tinguelys Kunst,
wie generell auch die Roche-Gründerfamilien Hoffmann und Oeri, die seit vielen Jahren entscheidend zum kulturellen Reichtum Basels beitragen und die humanistische Tradition weiterpflegen, die diese Stadt besonders auszeichnet. Nicht zufällig ist Roche eines der ersten Unternehmen, das Kunst in den Firmenalltag integrierte. Schon einige Jahre, bevor ein Museumsbau zum Thema wurde, kam Tinguely mit der Idee zu Paul Sacher, auf dessen Landsitz Schönenberg in Pratteln eine Kapelle zur Unterbringung seines Mengele-Totentanz’ von 1986 zu errichten, der heute ein Kernstück der Sammlung des Museums ist.
Zur Eröffnung im Oktober 1996 wurde die Sammlung in den grosszügigen Räumen vorgestellt, ergänzt durch Leihgaben von Privatpersonen und Museen. Seither ist das Museum ein wichtiger Leuchtturm der Kulturstadt Basel.
Die Architektur
Von Mario Botta gab es 1989 schon erste Entwürfe für die Unterbringung des Mengele-Totentanz’ auf Sachers Landsitz Schönenberg. Nachdem Roche 1993 den Solitude-Park im Baurecht für hundert Jahre übernehmen konnte, entstanden Entwürfe Bottas für ein Tinguely-Museum direkt am Rhein und der Promenade. Das Museum sollte den Abschluss des Solitude-Parks bilden. Am heutigen Standort, beim Brückenkopf der alten Brücke über den Rhein, befand sich ein Spielplatz, vor allem aber die Wasseraufbereitungsanlagen für Brauchwasser aus dem Rhein für die pharmazeutische Industrie. Diese Wasserfilteranlage, die rund fünf Etagen tief unter dem Museumsgebäude liegt, gab den Grundriss der grossen Halle im Erdgeschoss von 60 ~ 30 Meter vor. Da sie mit Trägern in dieser Breite überbrückt werden musste, rückten die erschliessenden Treppentürme an die peripheren Gebäudekanten im Nordosten und Südwesten. Das Museum bildet städtebaulich einen markanten Abschluss zur dicht befahrenen Autobahn und zu den Bahngeleisen im Osten. Die Fassade ist auf dieser Seite hermetisch geschlossen. Sie öffnet sich im Westen zum Park hin mit raumhohen Fensterflächen und bietet
einen grossartigen Ausblick auf die Wiese, den Tinguely-Brunnen und den alten Baumbestand. Diese Perspektive wird durch diejenige von der sogenannten Barca noch übertroffen, ein dem Museumsgebäude im Süden vorgelagertes und von der Fassade abgesetztes Erschliessungs-Schiff, das das Erdgeschoss und die Galerie im ersten Obergeschoss verbindet und grandiose Ausblicke auf Rhein, Uferstrand und die Kreuzung der Verkehrswege zu Wasser und zu Land bietet und als promenade architecturale eine Zäsur zwischen Eingangszone und Ausstellungsbereichen bildet. Zwei weitere Stockwerke werden direkt durch den Treppenturm im Nordosten erschlossen: der sogenannte Schinkel, vier klassisch zugeschnittene Ausstellungsräume mit Oberlicht im zweiten Obergeschoss und die Krypta, eine Raumfolge ohne Tageslicht im Untergeschoss. Insgesamt beherbergt das Museum Ausstellungsflächen von rund 3.060 Quadratmetern, ergänzt durch ein Bistro und einen Vortrags- und Veranstaltungsraum für jeweils bis zu einhundert Gäste. Architektonisch einzigartig sind die Hubwände, durch die sich die grosse, elf Meter hohe Halle von 1.600 Quadratmetern in fünf gleich grosse Raumabschnitte unterteilen oder gänzlich öffnen lässt, was der freien Disposition nicht nur der Werke Tinguelys, sondern generell voluminöser Arbeiten entgegenkommt und auch die parallele Veranstaltung mehrerer voneinander unabhängiger Ausstellungen ermöglicht.
Die palladianische Architektursprache Mario Bottas setzt sich aus einfachen geometrischen Elementen zusammen, rechteckigen und zylindrischen Volumina, die in einer klaren Konzeption zueinander finden. Die vorgehängte Fassade aus einheitlichen Sandsteinquadern nimmt die Verwendung des für die Region typischen rötlichen Sandsteins auf. Als Wahrzeichen des Gebäudes gelten die Fischbauch-Fachwerkträger, die die Dachkonstruktion und das ganze Gebäude markant gliedern und als lokale Referenz zum nahen Rhein gelesen werden können. Niki de Saint Phalle bezeichnete den
Museumsbau nach seiner Fertigstellung als »Werk der Zuneigung« von zwei grossen, einander freundschaftlich verbundenen Persönlichkeiten.
Ausstellungen
Seit der Eröffnung des Museums im Oktober 1996 sind schon über fünfzig Ausstellungen organisiert worden. Es mag auf den ersten Blick problematisch erscheinen, ein monografisches Museum auf lange Frist abwechslungsreich zu bespielen. Doch Tinguelys Schaffen war äusserst vielseitig, der Künstler nahm zahlreiche Anregungen aus der Kunstgeschichte auf, setzte thematische Schwerpunkte, für die er noch heute als Pionier und Innovator gilt, und arbeitete immer wieder intensiv mit anderen Künstlern zusammen. Ein Museumsrundgang durch vier Jahrzehnte seines Schaffens ist stets ein Erlebnis, das
die Sinne öffnet und zum kommunikativen Austausch anregt. Freundschaften zu bedeutenden Künstlerkollegen prägen Tinguelys Biografie, zum Beispiel zu Eva Aeppli, die auch seine erste Frau war und seine künstlerischen Anfänge entscheidend mitprägte, zu Yves Klein, mit dem zusammen er den Nullpunkt von Malerei und Skulptur anvisierte, und zu Robert Rauschenberg, mit dem Anfang der 1960er-Jahre ein fruchtbarer transatlantischer Austausch stattfand. Bernhard Luginbühl war wohl über lange Zeit sein wichtigster Kunst-Gefährte, ein grossartiger Plastiker, treuer Freund, eine komplementäre Persönlichkeit, was sich auch in der äusseren Erscheinung zeigte, und auch der Einfluss seiner Beziehung zu Niki de Saint Phalle, mit der zusammen er lange Zeit zusammenlebt und -arbeitet, war für sein Werk von grosser Bedeutung.
Das Ausstellungsprogramm des Museum Tinguely steht auf drei Beinen: zum Ersten sind es Tinguelys Vorbilder wie Marcel Duchamp, Kurt Schwitters, Max Ernst oder Vladimir Tatlin und der russische Konstruktivismus, die das Programm prägen. Zum Zweiten werden im Kontext von Tinguelys Werken Arbeiten seiner Zeitgenossen und Freunde gezeigt, so zum Beispiel von Bernhard Luginbühl, Yves Klein, Arman, Edward Kienholz, Robert Breer oder Richard Stankiewicz. Damit sind einige wichtige Namen, die bisher im Ausstellungsprogramm aufgetaucht sind, bereits genannt. Tinguely ist mit seiner internationalen Ausstrahlung für die Rezeption der europäischen Nachkriegsmoderne ein entscheidendes Scharnier zur künstlerisch gut vernetzten Schweiz. Viele Themen, die erst in den letzten Jahren wieder grössere Aktualität erhalten haben, sind in seinen
künstlerischen Recherchen seit je virulent. Rückblickend ist er ein Taktgeber der enorm fruchtbaren, nun mehr historisch gewordenen Kunstsituation um 1960, die wie die Zeit um 1910 Errungenschaften hervorgebracht hat, die ein ganzes Jahrhundert nachwirken. Damit ist auch das dritte Standbein angesprochen, welches das Ausstellungsprogramm des Museum Tinguely ausmacht: Tinguelys Aktualität für die Kunst der Gegenwart: Seien es seine Aktionen, die sich selbst zerstörenden Kunst-Maschinen, die er als erster Künstler weltweit inszenierte, oder die barocke Üppigkeit seiner späteren Werke, die in jüngster Zeit wieder vermehrt das Interesse der Kunstwelt auf sich ziehen, aber auch seine Gemeinschaftsarbeiten sind bis heute an Radikalität und Experimentierfreude kaum übertroffen. Neben diesen drei Standbeinen – Vorbilder und Einflüsse, Freunde und Zeitgenossen, Ausstrahlung in die Gegenwart – runden weitere »Spielbeine« das Programm der Aktivitäten des Museum Tinguely ab: Ausstellungen, die speziell Kinder und junge Menschen ansprechen, und solche, die wie Tinguelys Naturell etwas verrückt erscheinen mögen und kaum alternative »Spielplätze« finden.
Diese Ausstellungsstrategie, die sich aus einer Innenperspektive heraus aufdrängt, verfolgen wir auch in der Zukunft und wir freuen uns, Ihnen als Besucher immer wieder Neues und Unerwartetes vorzustellen. Pressekontakt: Isabelle Beilfuss tel. +41 (0)61 68 746 08 isabelle.beilfuss@roche.com Neben den Ausstellungen in Basel tritt das Museum auch regelmässig als Leihgeber für internationale Projekte hervor, seien es wichtige thematische Ausstellungen, die das Oeuvre Tinguelys in einem erweiterten Kontext vorstellen, oder monografische Ausstellungen, die oft neue Erkenntnisse in einem spezifischen Zusammenhang an anderen Orten erlauben.
Die Sammlung
Grundlage der Sammlung des Museum Tinguely ist die Schenkung Niki de Saint Phalles von 52 Skulpturen aus dem Nachlass von Jean Tinguely 1992. Damit fand das grösste Konvolut von Werken des Künstlers seine Heimstadt in Basel. Seither konnte die Sammlung kontinuierlich mit weiteren Ankäufen und grosszügigen Schenkungen erweitert werden.
Der mit Abstand wichtigste Ankauf konnte 1999 realisiert werden, als es gelang, ein grosses Konvolut früher Arbeiten Tinguelys aus den Händen von Pontus Hulten, dem ersten Intendanten unseres Museums, zu erwerben. Darunter finden sich so zentrale Werke wie Méta-Malevich von 1954, Méta-mécanique, Relief méta-mécanique sonore II und Trois points blancs von 1955, Méta-Kandinsky von 1956, die Méta-Matic No. 6 von 1959, das Klaxon-Relikt der Homage to New York und Le soulier de Madame Lacasse von 1960, das Ballet des Pauvres von 1961 und weitere Werke, mit denen die grösste Sammlung von Werken Tinguelys auch zur wohl umfassendsten und wichtigsten geworden ist. Wiederum von Hulten konnte drei Jahre später ein grosses Konvolut mit rund 760 Briefen, Briefzeichnungen, Archivalien und druckgrafischen Werken erworben werden. Sie bereichern unsere Sammlung von Arbeiten auf Papier, bilden aber auch eine zentrale Grundlage unserer Archiv- und Dokumentationsabteilung. Zwei wichtige Werke durften wir 2002 von Niki de Saint Phalle erwerben: die Machine à dessiner No. 3 von 1955 und die Méta-Matic No. 14 von 1959. Weitere wichtige Ankäufe sind das Elément Détaché I, ein Relief méta-mécanique von 1954, die Rotozaza No. 2 von 1967, eine Baluba ohne Titel von 1962 und die gesamte Restaurant-Ausstattung des Café Kyoto von 1987 mit Lampen, Tischen und Stühlen. Manche dieser Ankäufe wurden erst durch grosszügiges Entgegenkommen der Verkäufer ermöglicht. Schon vor der Eröffnung des Museums folgten nach der kapitalen Schenkung aus den Händen von Niki de Saint Phalle weitere Donationen. Paul Sacher stiftete 1994 die Schwimmwasserplastik von 1980, die heute im Park vor dem Museum steht, sowie zwei Jahre später das zentrale Konvolut von 124 Briefzeichnungen Tinguelys an Maja Sacher. Micheline und Claude Renard schenkten das Plateau agriculturel von 1978 und Incitation à la Création von 1981, Bruno und Christina Bischofberger übergaben dem werdenden Museum die von Tinguely selbst angefertigte Replik der Méta-Matic No. 10 von 1991, die bis heute eine beliebte Attraktion ist, an der gross und klein den eigenen Tinguely herstellen kann.
Nach der Eröffnung kamen weitere wichtige Werke dazu. Zahlreiche Arbeiten auf Papier erhielt das Museum zwischen 1996 und 1999 von Marischa und Lukas Burckhardt, der Galerie Bonnier, Jean-Yves Mock und Margrit Hahnloser. Franz Meyer überreichte 108 Arbeiten auf Papier. Den Luminator, die letzte und grösste Lampenskulptur Tinguelys von 1991 schenkte die UBS im Jahre 2005. Eine wunderbare Erweiterung der Sammlung ermöglichte Christoph Aeppli, der Bruder von Eva Aeppli, im Jahr 2007 mit der Schenkung von Köpfen von Eva Aeppli, darunter Die zehn Planeten, neun Astrologische Aspekte, Die zwölf Sternzeichen, Einige menschliche Schwächen, Die drei Erinnyen, La Petite Marie, L’Autre Coté sowie drei Werken von Niki de Saint Phalle und Jean Tinguelys P. No. 9 Constante totale, Relief stabilité von 1959. Zwei gewichtige Schenkungen kamen Pressekontakt: Isabelle Beilfuss tel. +41 (0)61 68 746 08 isabelle.beilfuss@roche.com 2009 dazu: Roland Bieber schenkte in Erinnerung an Carola Mertz-Bieber ein Konvolut von 85 Briefzeichnungen und die Hammer-Lampe von 1978 ist ein Geschenk in Erinnerung an Vera und Jakob Oeri. Ohne dass alle Schenker und Schenkerinnen hier namentlich erwähnt werden können, sei ihnen allen sehr herzlich gedankt. Sie haben entscheidend zum Ausbau und Reichtum unserer Sammlung beigetragen. Gleichwohl gibt es noch gewisse Lücken, vor allem aus den früheren Jahren von Tinguelys Schaffen, die in den nächsten Jahren hoffentlich geschlossen werden können.
Die Gründung des Museums
Mit dem hundertjährigen Firmenjubiläum von Roche ist der äussere Anlass genannt, der zur Gründung des Museums geführt hat. Von der ersten konkreten Idee, ein Museum an diesem Ort zu bauen, bis zur Eröffnung des Museums vergingen rekordverdächtig kurze drei Jahre, was nur dank des Direktauftrags an den erfahrenen Architekten Mario Botta und dank des guten Zusammenspiels aller Beteiligten möglich war.
Tinguely starb am 30. August 1991. Sein Andenken war aber bei Paul Sacher, dem grossen Musikmäzen und Verwaltungsratspräsidenten von Roche, dessen kunstaffine Gattin Maja Sacher bereits 1989 verstorben war, und der Geschäftsleitung mit Fritz Gerber sehr präsent. Sie waren schon zu seinen Lebzeiten grosse Förderer von Tinguelys Kunst,
wie generell auch die Roche-Gründerfamilien Hoffmann und Oeri, die seit vielen Jahren entscheidend zum kulturellen Reichtum Basels beitragen und die humanistische Tradition weiterpflegen, die diese Stadt besonders auszeichnet. Nicht zufällig ist Roche eines der ersten Unternehmen, das Kunst in den Firmenalltag integrierte. Schon einige Jahre, bevor ein Museumsbau zum Thema wurde, kam Tinguely mit der Idee zu Paul Sacher, auf dessen Landsitz Schönenberg in Pratteln eine Kapelle zur Unterbringung seines Mengele-Totentanz’ von 1986 zu errichten, der heute ein Kernstück der Sammlung des Museums ist.
Zur Eröffnung im Oktober 1996 wurde die Sammlung in den grosszügigen Räumen vorgestellt, ergänzt durch Leihgaben von Privatpersonen und Museen. Seither ist das Museum ein wichtiger Leuchtturm der Kulturstadt Basel.
Die Architektur
Von Mario Botta gab es 1989 schon erste Entwürfe für die Unterbringung des Mengele-Totentanz’ auf Sachers Landsitz Schönenberg. Nachdem Roche 1993 den Solitude-Park im Baurecht für hundert Jahre übernehmen konnte, entstanden Entwürfe Bottas für ein Tinguely-Museum direkt am Rhein und der Promenade. Das Museum sollte den Abschluss des Solitude-Parks bilden. Am heutigen Standort, beim Brückenkopf der alten Brücke über den Rhein, befand sich ein Spielplatz, vor allem aber die Wasseraufbereitungsanlagen für Brauchwasser aus dem Rhein für die pharmazeutische Industrie. Diese Wasserfilteranlage, die rund fünf Etagen tief unter dem Museumsgebäude liegt, gab den Grundriss der grossen Halle im Erdgeschoss von 60 ~ 30 Meter vor. Da sie mit Trägern in dieser Breite überbrückt werden musste, rückten die erschliessenden Treppentürme an die peripheren Gebäudekanten im Nordosten und Südwesten. Das Museum bildet städtebaulich einen markanten Abschluss zur dicht befahrenen Autobahn und zu den Bahngeleisen im Osten. Die Fassade ist auf dieser Seite hermetisch geschlossen. Sie öffnet sich im Westen zum Park hin mit raumhohen Fensterflächen und bietet
einen grossartigen Ausblick auf die Wiese, den Tinguely-Brunnen und den alten Baumbestand. Diese Perspektive wird durch diejenige von der sogenannten Barca noch übertroffen, ein dem Museumsgebäude im Süden vorgelagertes und von der Fassade abgesetztes Erschliessungs-Schiff, das das Erdgeschoss und die Galerie im ersten Obergeschoss verbindet und grandiose Ausblicke auf Rhein, Uferstrand und die Kreuzung der Verkehrswege zu Wasser und zu Land bietet und als promenade architecturale eine Zäsur zwischen Eingangszone und Ausstellungsbereichen bildet. Zwei weitere Stockwerke werden direkt durch den Treppenturm im Nordosten erschlossen: der sogenannte Schinkel, vier klassisch zugeschnittene Ausstellungsräume mit Oberlicht im zweiten Obergeschoss und die Krypta, eine Raumfolge ohne Tageslicht im Untergeschoss. Insgesamt beherbergt das Museum Ausstellungsflächen von rund 3.060 Quadratmetern, ergänzt durch ein Bistro und einen Vortrags- und Veranstaltungsraum für jeweils bis zu einhundert Gäste. Architektonisch einzigartig sind die Hubwände, durch die sich die grosse, elf Meter hohe Halle von 1.600 Quadratmetern in fünf gleich grosse Raumabschnitte unterteilen oder gänzlich öffnen lässt, was der freien Disposition nicht nur der Werke Tinguelys, sondern generell voluminöser Arbeiten entgegenkommt und auch die parallele Veranstaltung mehrerer voneinander unabhängiger Ausstellungen ermöglicht.
Die palladianische Architektursprache Mario Bottas setzt sich aus einfachen geometrischen Elementen zusammen, rechteckigen und zylindrischen Volumina, die in einer klaren Konzeption zueinander finden. Die vorgehängte Fassade aus einheitlichen Sandsteinquadern nimmt die Verwendung des für die Region typischen rötlichen Sandsteins auf. Als Wahrzeichen des Gebäudes gelten die Fischbauch-Fachwerkträger, die die Dachkonstruktion und das ganze Gebäude markant gliedern und als lokale Referenz zum nahen Rhein gelesen werden können. Niki de Saint Phalle bezeichnete den
Museumsbau nach seiner Fertigstellung als »Werk der Zuneigung« von zwei grossen, einander freundschaftlich verbundenen Persönlichkeiten.
Ausstellungen
Seit der Eröffnung des Museums im Oktober 1996 sind schon über fünfzig Ausstellungen organisiert worden. Es mag auf den ersten Blick problematisch erscheinen, ein monografisches Museum auf lange Frist abwechslungsreich zu bespielen. Doch Tinguelys Schaffen war äusserst vielseitig, der Künstler nahm zahlreiche Anregungen aus der Kunstgeschichte auf, setzte thematische Schwerpunkte, für die er noch heute als Pionier und Innovator gilt, und arbeitete immer wieder intensiv mit anderen Künstlern zusammen. Ein Museumsrundgang durch vier Jahrzehnte seines Schaffens ist stets ein Erlebnis, das
die Sinne öffnet und zum kommunikativen Austausch anregt. Freundschaften zu bedeutenden Künstlerkollegen prägen Tinguelys Biografie, zum Beispiel zu Eva Aeppli, die auch seine erste Frau war und seine künstlerischen Anfänge entscheidend mitprägte, zu Yves Klein, mit dem zusammen er den Nullpunkt von Malerei und Skulptur anvisierte, und zu Robert Rauschenberg, mit dem Anfang der 1960er-Jahre ein fruchtbarer transatlantischer Austausch stattfand. Bernhard Luginbühl war wohl über lange Zeit sein wichtigster Kunst-Gefährte, ein grossartiger Plastiker, treuer Freund, eine komplementäre Persönlichkeit, was sich auch in der äusseren Erscheinung zeigte, und auch der Einfluss seiner Beziehung zu Niki de Saint Phalle, mit der zusammen er lange Zeit zusammenlebt und -arbeitet, war für sein Werk von grosser Bedeutung.
Das Ausstellungsprogramm des Museum Tinguely steht auf drei Beinen: zum Ersten sind es Tinguelys Vorbilder wie Marcel Duchamp, Kurt Schwitters, Max Ernst oder Vladimir Tatlin und der russische Konstruktivismus, die das Programm prägen. Zum Zweiten werden im Kontext von Tinguelys Werken Arbeiten seiner Zeitgenossen und Freunde gezeigt, so zum Beispiel von Bernhard Luginbühl, Yves Klein, Arman, Edward Kienholz, Robert Breer oder Richard Stankiewicz. Damit sind einige wichtige Namen, die bisher im Ausstellungsprogramm aufgetaucht sind, bereits genannt. Tinguely ist mit seiner internationalen Ausstrahlung für die Rezeption der europäischen Nachkriegsmoderne ein entscheidendes Scharnier zur künstlerisch gut vernetzten Schweiz. Viele Themen, die erst in den letzten Jahren wieder grössere Aktualität erhalten haben, sind in seinen
künstlerischen Recherchen seit je virulent. Rückblickend ist er ein Taktgeber der enorm fruchtbaren, nun mehr historisch gewordenen Kunstsituation um 1960, die wie die Zeit um 1910 Errungenschaften hervorgebracht hat, die ein ganzes Jahrhundert nachwirken. Damit ist auch das dritte Standbein angesprochen, welches das Ausstellungsprogramm des Museum Tinguely ausmacht: Tinguelys Aktualität für die Kunst der Gegenwart: Seien es seine Aktionen, die sich selbst zerstörenden Kunst-Maschinen, die er als erster Künstler weltweit inszenierte, oder die barocke Üppigkeit seiner späteren Werke, die in jüngster Zeit wieder vermehrt das Interesse der Kunstwelt auf sich ziehen, aber auch seine Gemeinschaftsarbeiten sind bis heute an Radikalität und Experimentierfreude kaum übertroffen. Neben diesen drei Standbeinen – Vorbilder und Einflüsse, Freunde und Zeitgenossen, Ausstrahlung in die Gegenwart – runden weitere »Spielbeine« das Programm der Aktivitäten des Museum Tinguely ab: Ausstellungen, die speziell Kinder und junge Menschen ansprechen, und solche, die wie Tinguelys Naturell etwas verrückt erscheinen mögen und kaum alternative »Spielplätze« finden.
Diese Ausstellungsstrategie, die sich aus einer Innenperspektive heraus aufdrängt, verfolgen wir auch in der Zukunft und wir freuen uns, Ihnen als Besucher immer wieder Neues und Unerwartetes vorzustellen. Pressekontakt: Isabelle Beilfuss tel. +41 (0)61 68 746 08 isabelle.beilfuss@roche.com Neben den Ausstellungen in Basel tritt das Museum auch regelmässig als Leihgeber für internationale Projekte hervor, seien es wichtige thematische Ausstellungen, die das Oeuvre Tinguelys in einem erweiterten Kontext vorstellen, oder monografische Ausstellungen, die oft neue Erkenntnisse in einem spezifischen Zusammenhang an anderen Orten erlauben.
Die Sammlung
Grundlage der Sammlung des Museum Tinguely ist die Schenkung Niki de Saint Phalles von 52 Skulpturen aus dem Nachlass von Jean Tinguely 1992. Damit fand das grösste Konvolut von Werken des Künstlers seine Heimstadt in Basel. Seither konnte die Sammlung kontinuierlich mit weiteren Ankäufen und grosszügigen Schenkungen erweitert werden.
Der mit Abstand wichtigste Ankauf konnte 1999 realisiert werden, als es gelang, ein grosses Konvolut früher Arbeiten Tinguelys aus den Händen von Pontus Hulten, dem ersten Intendanten unseres Museums, zu erwerben. Darunter finden sich so zentrale Werke wie Méta-Malevich von 1954, Méta-mécanique, Relief méta-mécanique sonore II und Trois points blancs von 1955, Méta-Kandinsky von 1956, die Méta-Matic No. 6 von 1959, das Klaxon-Relikt der Homage to New York und Le soulier de Madame Lacasse von 1960, das Ballet des Pauvres von 1961 und weitere Werke, mit denen die grösste Sammlung von Werken Tinguelys auch zur wohl umfassendsten und wichtigsten geworden ist. Wiederum von Hulten konnte drei Jahre später ein grosses Konvolut mit rund 760 Briefen, Briefzeichnungen, Archivalien und druckgrafischen Werken erworben werden. Sie bereichern unsere Sammlung von Arbeiten auf Papier, bilden aber auch eine zentrale Grundlage unserer Archiv- und Dokumentationsabteilung. Zwei wichtige Werke durften wir 2002 von Niki de Saint Phalle erwerben: die Machine à dessiner No. 3 von 1955 und die Méta-Matic No. 14 von 1959. Weitere wichtige Ankäufe sind das Elément Détaché I, ein Relief méta-mécanique von 1954, die Rotozaza No. 2 von 1967, eine Baluba ohne Titel von 1962 und die gesamte Restaurant-Ausstattung des Café Kyoto von 1987 mit Lampen, Tischen und Stühlen. Manche dieser Ankäufe wurden erst durch grosszügiges Entgegenkommen der Verkäufer ermöglicht. Schon vor der Eröffnung des Museums folgten nach der kapitalen Schenkung aus den Händen von Niki de Saint Phalle weitere Donationen. Paul Sacher stiftete 1994 die Schwimmwasserplastik von 1980, die heute im Park vor dem Museum steht, sowie zwei Jahre später das zentrale Konvolut von 124 Briefzeichnungen Tinguelys an Maja Sacher. Micheline und Claude Renard schenkten das Plateau agriculturel von 1978 und Incitation à la Création von 1981, Bruno und Christina Bischofberger übergaben dem werdenden Museum die von Tinguely selbst angefertigte Replik der Méta-Matic No. 10 von 1991, die bis heute eine beliebte Attraktion ist, an der gross und klein den eigenen Tinguely herstellen kann.
Nach der Eröffnung kamen weitere wichtige Werke dazu. Zahlreiche Arbeiten auf Papier erhielt das Museum zwischen 1996 und 1999 von Marischa und Lukas Burckhardt, der Galerie Bonnier, Jean-Yves Mock und Margrit Hahnloser. Franz Meyer überreichte 108 Arbeiten auf Papier. Den Luminator, die letzte und grösste Lampenskulptur Tinguelys von 1991 schenkte die UBS im Jahre 2005. Eine wunderbare Erweiterung der Sammlung ermöglichte Christoph Aeppli, der Bruder von Eva Aeppli, im Jahr 2007 mit der Schenkung von Köpfen von Eva Aeppli, darunter Die zehn Planeten, neun Astrologische Aspekte, Die zwölf Sternzeichen, Einige menschliche Schwächen, Die drei Erinnyen, La Petite Marie, L’Autre Coté sowie drei Werken von Niki de Saint Phalle und Jean Tinguelys P. No. 9 Constante totale, Relief stabilité von 1959. Zwei gewichtige Schenkungen kamen Pressekontakt: Isabelle Beilfuss tel. +41 (0)61 68 746 08 isabelle.beilfuss@roche.com 2009 dazu: Roland Bieber schenkte in Erinnerung an Carola Mertz-Bieber ein Konvolut von 85 Briefzeichnungen und die Hammer-Lampe von 1978 ist ein Geschenk in Erinnerung an Vera und Jakob Oeri. Ohne dass alle Schenker und Schenkerinnen hier namentlich erwähnt werden können, sei ihnen allen sehr herzlich gedankt. Sie haben entscheidend zum Ausbau und Reichtum unserer Sammlung beigetragen. Gleichwohl gibt es noch gewisse Lücken, vor allem aus den früheren Jahren von Tinguelys Schaffen, die in den nächsten Jahren hoffentlich geschlossen werden können.
Öffnungszeiten
Di-So: 11.00-18.00 Uhr
Ruhetag: Mo geschlossen
Di-So: 11.00-18.00 Uhr
Ruhetag: Mo geschlossen
Gästepass
50% Eintritt
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